Der FDM-Referenzprozess macht deutlich, dass die Durchführung des FDM und die verlässliche Bereitstellung der erforderlichen FDM-Services ein optimales Zusammenspiel von verschiedenen Organisationseinheiten und Informationsflüssen erfordert. Dies ist ein typischer Effekt der Digitalisierung, wie er in den unzähligen Ratgebern zur Digitalisierung von Unternehmen und Verwaltungen beschrieben wird: Weil die Herausforderungen der digitalen Welt unterschiedliche Einrichtungen zum Eingehen von Kooperationen nahezu zwingen. Diesem Phänomen gilt es mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, um unter den gegebenen Bedingungen weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Die „digitale Transformation [ist] ein strategischer Imperativ [nicht nur] für Unternehmen“1)Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 19., sondern auch für Forschungseinrichtungen, die sich im wissenschaftlichen Wettbewerb behaupten müssen.
Wie bereits erwähnt, ist die Ratgeberlandschaft und insgesamt die Literaturlage zur digitalen Transformation von Unternehmen äußerst umfangreich und deckt das Spektrum von generalisierenden Überblicksdarstellungen bis hin zu wissenschaftlichen, disziplinspezifischen Untersuchungen von Einzelaspekten der Unternehmensorganisation und Personalführung ab. Das erst 2018 erschienene und sowohl auf eigenen als auch auf anderen wissenschaftlichen Untersuchungen beruhende Buch „Digital Work Design: Die Big Five für Arbeit, Führung und Organisation im digitalen Zeitalter“ von Isabell M. Welpe, Prisca Brosi und Tanja Schwarzmüller2)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018. legt die Herausforderungen und Handlungsoptionen bei der digitalen Transformation von Unternehmen sehr überzeugend dar und bringt viele Aspekte aus anderen Darstellungen umfassend zusammen. Daher bietet es sich an, den von Welpe, Brosi und Schwarzmüller abgeleiteten 10-Punkte-Plan (siehe Tabelle 2), der sich an den Big Five orientiert, auf den Hochschul- und Forschungskontext zu übertragen, um Ideen / Denkanstöße / Handlungsoptionen für die Implementierung und Bereitstellung von FDM-Services zu geben.
Big Five #1: Der Umgang mit der VUCA-Welt wird zur Kernkompetenz | 1 Ambidextrie | Flexibilität und Adaptabilität auf Veränderungen bei gleichzeitiger Stabilität |
2 Lernen | Weiterentwicklung und Veränderung von Kompetenzen | |
Big Five #2: Keine Disruption ohne (neue Arten von) Teamarbeit | 3 Offenheit | Wertfreie Aufnahme und Integration von Ideen und Menschen |
4 Austausch | Grenz- und barrierenübergreifende Interaktion | |
Big Five #3: Organisationen müssen demokratischer werden | 5 Empowerment | Befähigung und Ermutigung zu Initiative und Verantwortung |
6 Partizipation | Übergreifende Einbindung und Transparenz in Entscheidungsfindung | |
Big Five #4: Die Bedeutung von Beziehungen | 7 Wertschätzung | Respekt, Empathie, Vertrauen und Anerkennung von Leistungen |
8 Vernetzung | Herstellung von Netzwerken und gemeinsamen Zielen | |
Big Five #5: Gesundheit muss stärker in den Fokus von Organisationen rücken | 9 Balance | Herausforderungen und Lebensbereiche balancieren |
10 Ressourcen | Unterstützung und Aufbau von persönlichen Ressourcen |
Tabelle 2: 10-Punkte-Plan für die digitale Transformation von Unternehmen3)Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 211, Abb. 12.
Bei der Umsetzung muss jede Einrichtung eigene Lösungswege zur Adressierung der Big Five finden: Ein Patentrezept gibt es nicht. Es ist jedoch zu empfehlen, sich Praxisbeispiele sowohl aus anderen Forschungseinrichtungen als auch aus wirtschaftlichen Unternehmen anzuschauen, um Anregungen für die eigene Umsetzungsstrategie zu sammeln und in Erfahrungsaustausch zu treten.
Die nachfolgenden Ausführungen sollen Orientierung geben, was bei der Implementierung des FDM und den mit ihm assoziierten Services an Forschungseinrichtungen auf organisatorischer Ebene in den Blick genommen werden sollte. Es werden die Aspekte zur digitalen Transformation von Organisationen vorgestellt, basierend auf den von Welpe u. a. entwickelten Big Five für die Digitalisierung von Unternehmen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei wird der Optimierung der Zusammenarbeit besondere Aufmerksamkeit geschenkt, weil sie im FDM der Schlüssel zum Erfolg und eine der wichtigsten Antwortoptionen auf die eingangs erwähnte VUCA-Welt4)Siehe Einleitung. ist.
1. Ambidextrie: Balance zwischen Stabilität und Flexibilität
Der VUCA-Welt wird am besten mit einer lernenden Organisation und Ambidextrie begegnet, indem insbesondere flexible Organisationsstrukturen geschaffen werden. Dabei ist es wichtig, dass Forschungseinrichtungen auch in ihren wissenschaftsunterstützenden Abteilungen ein Umfeld schaffen, in dem neben dem exploitativen Lernen, das darauf ausgerichtet ist, vorhandenes Wissen zu vertiefen und dadurch die Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten, auch das explorative Lernen, also der Erwerb neuen Wissens durch eigenes Suchen und Entdecken, gefördert wird.5)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 31–32. Um dies zu ermöglichen, um eine Organisation also sowohl effizient und stabil als auch flexibel zu gestalten, ist Ambidextrie notwendig. Eine Einrichtung muss für sich eine Balance zwischen diesen beiden Gegensätzen finden, um einerseits verlässliche FDM-Services bereitzustellen und andererseits flexibel auf veränderte Anforderungen seitens der Forschung reagieren zu können. Es müssen bewusste Entscheidungen getroffen werden, welche Prozesse bei der Bereitstellung eines FDM-Services eher dem exploitativen Lernen zugeordnet werden sollten, also formalisiert bzw. formalisierbar sind (z. B. Angebotsausschreibungen), und welche näher am explorativen Lernen liegen, also sich flexibel an die jeweiligen Forschungsbedarfe anpassen müssen (z. B. Bereitstellung oder Entwicklung von Spezialsoftware). Es wird für die Mehrzahl der FDM-Services wahrscheinlich nicht möglich sein, eine klare Trennung zwischen Exploitation und Exploration zu schaffen, weshalb im Forschungsumfeld v. a. kontextuelle Ambidextrie gefragt ist. Hierfür ist „ein hohes Leistungsmanagement als auch […] ein förderliches soziales Klima“6)Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 33. notwendig, das ein gesundes Gleichgewicht herstellt zwischen der Formulierung hoher Erwartungen, Ergebnisorientierung sowie Eigenverantwortung der Mitarbeiter*innen und dem hohen Stellenwert der Personalentwicklung, der Autonomie der Mitarbeiter*innen sowie „faktenbasierten Entscheidungen“7)Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 33..
2. Verantwortung abgeben
Die Vereinbarkeit der eben genannten Widersprüche ist eine große Herausforderung.8)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 33–34. Ein Lösungsansatz, den Welpe u. a. vorschlagen und der mit dem FDM-Referenzprozess in einem ersten Schritt realisiert ist, ist, Prozesse zu formalisieren, um die Verantwortungen klar zu regeln, jedoch die Art und Weise, wie eine Mitarbeiter*in ihre Aufgabe(n) erfüllt, nicht streng zu formalisieren. Auf diese Weise kann die verantwortliche Person in einem gesetzten Freiraum ihre Arbeitsweise selbst gestalten und sich an wechselnde Anforderungen flexibel anpassen. Hierbei ist es für die Beschäftigten wichtig, eine Art Credo, also ein gemeinsames Ziel zu verfolgen, nach welchem Maßstab sie alle ihre Aufgaben erfüllen sollen.9)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 167–168. Weil es bei der Bereitstellung von FDM-Services zentral darum geht, den Forschenden exzellente Forschung zu ermöglichen, könnte das Credo in Anlehnung an Netflix lauten: „Act in researchers’ best interest“10)Für die Ausgabenpolitik von Netflix wurde den Mitarbeiter*innen das Credo „Act in Netflix’s best interests“ vorgegeben. Daran sollten sie sich halten, wenn sie bspw. ihre Geschäftsreisen buchen. Auf jegliche weitere Regelungen zur Reisebuchung wurde verzichtet. Vgl. McCord 2014. oder „Enable excellent research“.11)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 35–36; 112. Denn für die Entscheidungsfindung der Verantwortlichen einer Aufgabe wirkt es unterstützend, wenn die übergeordneten Ziele der Einrichtung allgegenwärtig sind, wie z. B. das Ziel, einen bestimmten Forschungsschwerpunkt auszubilden und die dafür vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen. Auf diese Weise ist eine allgemeine Richtung und v. a. eine Identifikation mit den Zielen der Forschungseinrichtung möglich.12)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 36–37; 161. Diese Entscheidungsfreiräume sind notwendig, weil sich Fachwissen und spezialisierte Kompetenzen in einer Abteilung bzw. einer Person zunehmend bündeln und an sich nur diese wirklich in der Lage ist, faktenbasierte Entscheidungen in ihrem Arbeitsbereich zu treffen. Wie im oben dargestellten FDM-Referenzprozess aufgezeigt, müssen für die verschiedenen Aufgaben unterschiedliche Kompetenzbereiche effektiv zusammenwirken, die nicht mehr nur von einer Person / Abteilung allein bewältigt werden können. Daher müssen sich Führungskräfte in der VUCA-Welt eingestehen, dass sie nicht in allen Bereichen über die notwendigen Kompetenzen verfügen müssen bzw. können, um belastbare, faktenbasierte Entscheidungen zu fällen. Sie müssen „lediglich“ den Gesamtprozess so zerlegen, dass für einen Teilprozess die dafür notwendigen Kompetenzen in einer Person / Abteilung kumuliert sind und diese für die Entscheidungsfindung verantwortlich ist.13)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 37–39. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter*innen empowert werden, also dass ihnen für ihren Arbeitsbereich Verantwortung, die bisher auf der Führungsebene lag, übertragen wird. Hierbei handelt es sich um „strukturelles Empowerment“14)Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 101.. Die Voraussetzung dafür ist, dass sie sich auch psychologisch empowert fühlen. Dies wird dadurch erreicht, dass Mitarbeiter*innen in ihrer Arbeit Sinn sehen, sich als kompetent und selbstbestimmt wahrnehmen und „Einfluss auf strategische und organisatorische Themen“15)Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 102. in ihren Arbeitsbereichen nehmen können.16)Vgl. Seibert / Wang / Courtright o. J.: 993; Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 101–105.
3. Demokratische Organisationsstrukturen
Um das Empowerment für die Beschäftigten spürbar / erfahrbar zu machen, ist die Einführung organisationaler Demokratie sinnvoll, insbesondere um die Informationstransparenz in Entscheidungsprozessen zu erhöhen. Damit ist die Beteiligung an Managemententscheidungen sowie die „soziale und psychologische Beteiligung“17)Sattelberger / Welpe / Boes 2015: 80. gemeint. Es gibt viele verschiedene Formen von demokratischen Beteiligungen, die sich in der Häufigkeit und dem Grad der Einflussnahme voneinander unterscheiden.18)Vgl. Sattelberger / Welpe / Boes 2015: 81, Abb. 4.1. Es muss je nach angestrebtem Ziel entschieden werden, ob man es bei Informationstransparenz belässt oder ob man die Mitarbeiter*innen bis zu einem gewissen Grad in Entscheidungsfindungen einbezieht bzw. einbeziehen kann. Insbesondere bei der Digitalisierung oder Neugestaltung von Arbeitsprozessen ist es aus Change-Management-Sicht ratsam, die Mitarbeiter*innen, die später diese Prozesse umsetzen sollen, frühestmöglich einzubinden und im besten Fall die Prozesse mitgestalten zu lassen. Dadurch kann Widerständen präventiv entgegengewirkt werden, weil die Kolleg*innen in ihren Kompetenzbereichen wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Zudem werden auf diese Weise wichtige Wissensbestände und Ressourcen in den Prozess eingebunden.19)Vgl. Rank / Scheinpflug / Bidjanbeg 2010: 258–259. Solche in Forschungseinrichtungen eher ungewohnten partizipativen Strukturen auszuprobieren, erfordert Mut, Geduld und kreative Problemlösungsstrategien. Es wird zudem Zeit brauchen, bis sich alle Beteiligten an solche neuen Vorgehensweisen gewöhnen, sie zu nutzen und zu schätzen lernen. Auch wenn es hier Rückschläge geben wird, weil bspw. ein Tool wie ein Ideenboard nicht angenommen wird, muss dies positiv als explorativer Lernprozess verstanden und ein nächster Ansatz ausprobiert werden.
4. Offene Fehlerkultur
An das Vorhergehende schließt sich direkt der Aspekt der Änderung der Fehlerkultur an: Fehler müssen als Chance begriffen werden, aus ihnen zu lernen und sollten als exploratives Lernen verstanden werden. Dafür sollte man auch Experimente in allen Abteilungen zulassen, deren erste Ergebnisse so schnell wie möglich an die spätere Nutzercommunity kommuniziert werden, um zu prüfen, ob die Ergebnisse erfolgsversprechend sind. An dieser Stelle muss bei sehr schlechten Rückmeldungen oder nur schwer durchführbaren Veränderungen der Mut aufgebracht werden, diese Aktivitäten rechtzeitig wieder zu beenden, um Ressourcen nicht zu verschwenden. Dies muss jedoch als Lehrgeld in einem positiven Sinne verstanden werden, weil nun bekannt ist, was nicht funktioniert, und weil Schlüsse daraus gezogen werden können, wie man es beim nächsten Mal besser macht. Wichtig ist an dieser Stelle auch, dass Fehler offen kommuniziert werden, sodass alle daran wachsen können. Dies ist ebenfalls eine riesige Herausforderung, denn die deutsche Kultur an sich, aber im besonderen Maße die Forschungslandschaft, neigt sehr stark zur Perfektion und ist nicht sonderlich darin geübt, Fehler offen zu kommunizieren und als Entwicklungspotenzial zu begreifen.20)Vgl. Rath 2018; Taapken 2018; WR 2015: 20–21. Die Beteiligten können jedoch nur dann kreativ an Problemlösungen herangehen, wenn sie keine Angst vor negativen Konsequenzen haben müssen. Vielmehr sollten Strukturen geschaffen werden, die es den Mitarbeiter*innen erleichtern, über Fehler zu sprechen. In einigen Unternehmen wurden für die offene Kommunikation von Fehlern Belohnungssysteme eingeführt, die nach einer gewissen Eingewöhnungsphase sehr gut angenommen wurden.21)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 39–47; 61–62.
5. Adäquate Informations- und Kommunikationskanäle
Die FDM-Steuerungs- und ‑Kompetenzmatrix machen offensichtlich, dass die Umsetzung von FDM an vielen Stellen abteilungsübergreifende oder gar überinstitutionelle Zusammenarbeit erfordert, weil nicht alle Kompetenzen gleich stark in einer Abteilung oder an einer Forschungseinrichtung vertreten sind respektive sein können. Deshalb muss das Silodenken dringend abgeschafft werden. Stattdessen empfiehlt es sich, Organisations- und Informationsstrukturen zu schaffen, die die abteilungs- und institutsübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen. Dazu ist es wichtig, die Offenheit aller Mitarbeiter*innen zu fördern und den Austausch zu erhöhen. Dem persönlichen Austausch unter den Beteiligten sollte der Vorzug gegeben werden. Dabei müssen die Mitarbeitenden stets reflektieren, welche Komplexität der zu bearbeitende Gegenstand hat und dementsprechend eine angemessene Kommunikationsform wählen. Die Faustregel lautet: „Je komplexer der Sachverhalt, desto höher muss die Informationsdichte des Kommunikationsmediums sein.“ Eine E‑Mail kann bei einem komplexen Thema bei Weitem nicht für so viel Klarheit sorgen wie ein persönliches Gespräch oder zumindest eine Videokonferenz. Denn die textbasierten oder rein auditiven Kommunikationsmittel blockieren den wichtigsten Kanal in der menschlichen Kommunikation: die Mimik und Gestik des Gegenübers.22)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 75–76.
Ein weiterer Ansatzpunkt für die Unterstützung des Austauschs und der Offenheit sind organisationsweite Informations- und Kommunikationstechnologien wie z. B. von allen gepflegte Wikis, Yellow Pages oder interne soziale Netzwerke,23)Vgl. Koch / Richter / Schlosser 2007. Mittelstand 4.0 2017; Mittelstand 4.0 2016 über die die Mitarbeiter*innen und die Abteilungen ihre Kompetenzen und Services sichtbar machen. Dieser Ansatz findet sich im FDM-Serviceportfolio wieder, der in der hier vorgestellten Version einer Art Gelber Seiten entspricht. Diese Informationen könnten auch in einem internen sozialen Netzwerk bereitgestellt und mit den entsprechenden Personenprofilen verbunden werden, um den Austausch zwischen den Abteilungen zu erhöhen. Eine Datenbasis hierfür könnte das Forschungsinformationssystem sein,24)Vgl. Sticht 2015: 34–36. in dem der Kerndatensatz Forschung25)Der Kerndatensatz Forschung beschreibt in standardisierter Form die Forschungsaktivitäten einer Einrichtung und ist aufgeteilt in die folgenden sechs Bereiche: Beschäftigte, Nachwuchsförderung, Drittmittel & Finanzen, Patente & Ausgründungen, Publikationen sowie Forschungsinfrastrukturen. Vgl. WR 2016; iFQ / FIT / WR 2017. abgebildet und somit eine Vielzahl der Informationen u. a. zu den Forschungsschwerpunkten der Mitarbeiter*innen enthalten ist. Auf diese Weise können Kolleg*innen mit ähnlichen Forschungsansätzen gefunden und um Rat gefragt werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn bspw. Methoden aus anderen Fächerspektren auf das eigene angewendet werden sollen. Ebenso könnte darüber zur Lösung der Problematik einer zentral vorgehaltenen fachspezifischen Methodenberatung beigetragen werden, indem durch ein Peer-to-Peer-Coaching, das Fächergrenzen überschreitet, ein einrichtungsweites Wissensnetzwerk nicht nur für FDM entsteht. Ein wünschenswerter Nebeneffekt wäre die Entstehung von transdisziplinären Forschungskooperationen, weil die Forschenden sich disziplinübergreifend über ihre Forschungsprojekte austauschen und daraus neue Ideen für gemeinsame Forschungsaktivitäten generieren können. Ebenso werden im Kerndatensatz Forschung bereits Forschungsinfrastrukturen der Einrichtung erfasst, die eine überregionale Bedeutung haben.26)„Forschungsinfrastrukturen im Sinne […] des Kerndatensatz Forschung sind umfangreiche/aufwendige Instrumente, Ressourcen oder Serviceeinrichtungen für die Forschung in allen Wissenschaftsgebieten, die sich durch eine mindestens überregionale Bedeutung für das jeweilige Wissenschaftsgebiet sowie durch eine mittel- bis langfristige Lebensdauer von mindestens fünf Jahren auszeichnen und für eine externe Nutzung zur Verfügung stehen.“ iFQ / FIT / WR 2015: 15. Sie sind ein Teil der FDM-Servicelandschaft und die anzugebenden Informationen im Kerndatensatz überschneiden sich mit dem hier vorgestellten Schema eines FDM-Servicekatalogs, sodass sie sich gut in den FDM-Servicekatalog integrieren lassen.
Für den Abbau des Silodenkens und die Verbesserung der Zusammenarbeit von verschiedenen Abteilungen braucht es neben einem digitalen Wissensmanagementsystem eine Unternehmenskultur, die den informellen Austausch unter den Mitarbeiter*innen unterstützt. So werden einerseits Möglichkeiten zum Aufbau von persönlichen Netzwerken innerhalb der Organisation geschaffen, weil es bspw. einfacher ist, eine Person um Rat zu bitten, die man zuvor persönlich kennengelernt hat. Zum anderen können komplexere Wissensbestände leichter ausgetauscht werden, um so mehr Verständnis für die jeweiligen Arbeitsprozesse in einer anderen Abteilung zu generieren. Möglichkeiten, dies zu fördern, sind z. B. Angebote wie Lunch Roulette27)Vgl. Karapantelakis / Guo 2014: 50–52.: Dabei werden per Zufall zwei Mitarbeiter*innen zum Mittagessen zusammengelost und können sich – ohne eine konkrete Aufgabenstellung lösen zu müssen – informell kennenlernen, um entweder gleich gemeinsame Arbeitsfelder zu identifizieren und eine Zusammenarbeit zu initiieren oder um später, wenn ein entsprechender Arbeitsauftrag es erfordert, leichter in Kontakt treten und zusammenarbeiten zu können.28)Vgl. Joho 2013. Eine weitere Methode ist die Jobrotation, bei der Mitarbeiter*innen für kurze Zeit in einer anderen Abteilung mitarbeiten, um die dortigen Prozesse mitzuerleben und um zu verstehen, wie der Prozess von der Arbeit der eigenen Abteilung abhängt und wie man ihn optimal unterstützen kann, damit die Ergebnisse schneller zur Verfügung stehen. Natürlich werden auch hier der informelle Austausch und das Netzwerken unter den Mitarbeiter*innen gefördert.29)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 82–83; Kofler 2018: 250. Aber auch Interessen- und Sportgruppen als informelle sowie formelle Netzwerke, die sich mit betriebsinternen Themen beschäftigen, Personen aus verschiedenen Abteilungen zusammenbringen und auf diese Weise den Wissenstransfer befördern, helfen dabei, gute Beziehungen für Kooperationen aufzubauen oder sie direkt zu initiieren.30)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 83–84. Positive Beziehungen unter den Mitarbeiter*innen zeichnen sich durch Empathie und Respekt gegenüber den Kolleg*innen aus. Dies führt dazu, dass es ein respektvolles Miteinander gibt, konstruktive Konfliktlösungen angestrebt werden sowie einfühlsam Anteil an Misserfolgen und Erfolgen der Kolleg*innen genommen wird. Hierzu trägt insbesondere Hilfsbereitschaft bei, die ein gegenseitiges Geben und Nehmen im Arbeitsalltag ermöglicht und somit das gegenseitige Vertrauen stärkt, weil Kolleg*innen wohlwollend, integer und kompetent in ihrer Hilfeleistung erscheinen, somit zur Vertiefung der Beziehungen untereinander beitragen und damit Netzwerke belastbarer machen.31)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 141–146; 163–167.
6. Mitarbeiter- und Eigenfürsorge
Die bevorstehenden Transformationsprozesse sind für alle Beteiligten sehr herausfordernd und bringen für den einen oder anderen große Belastungen mit sich. Daher sollten Organisationen und insbesondere die Führungskräfte stets ihr eigenes Wohlergehen und das ihrer Mitarbeiter*innen im Blick behalten. Neben der Eigenverantwortung, die jede Person für sich trägt, kann das Verhalten der Vorgesetzten maßgeblich dazu beitragen, Stress zu reduzieren, indem diese mit gutem Beispiel vorangehen. So können die Führungskräfte bspw. in stressigen Situationen dennoch Kaffeepausen einlegen, einen Smalltalk mit ihren Kolleg*innen führen und nicht von ihrer Arbeit an eigentlich freien Tagen (Wochenende, Urlaub, Feiertage) berichten. Strukturell kann für die Mitarbeiter*innen durch flexible Arbeitszeitmodelle oder Telearbeit Entlastung geschaffen werden – natürlich nur dann, wenn unabhängig von den vereinbarten Arbeitszeiten keine ständige Erreichbarkeit verlangt wird. Hier sind auch Fortbildungsangebote zur Achtsamkeit im Arbeitsalltag eine sinnvolle Ergänzung, um die Eigenfürsorge zu unterstützen.32)Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 178–201.
Anmerkungen
↑1 | Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 19. |
---|---|
↑2 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018. |
↑3 | Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 211, Abb. 12. |
↑4 | Siehe Einleitung. |
↑5 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 31–32. |
↑6, ↑7 | Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 33. |
↑8 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 33–34. |
↑9 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 167–168. |
↑10 | Für die Ausgabenpolitik von Netflix wurde den Mitarbeiter*innen das Credo „Act in Netflix’s best interests“ vorgegeben. Daran sollten sie sich halten, wenn sie bspw. ihre Geschäftsreisen buchen. Auf jegliche weitere Regelungen zur Reisebuchung wurde verzichtet. Vgl. McCord 2014. |
↑11 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 35–36; 112. |
↑12 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 36–37; 161. |
↑13 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 37–39. |
↑14 | Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 101. |
↑15 | Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 102. |
↑16 | Vgl. Seibert / Wang / Courtright o. J.: 993; Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 101–105. |
↑17 | Sattelberger / Welpe / Boes 2015: 80. |
↑18 | Vgl. Sattelberger / Welpe / Boes 2015: 81, Abb. 4.1. |
↑19 | Vgl. Rank / Scheinpflug / Bidjanbeg 2010: 258–259. |
↑20 | Vgl. Rath 2018; Taapken 2018; WR 2015: 20–21. |
↑21 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 39–47; 61–62. |
↑22 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 75–76. |
↑23 | Vgl. Koch / Richter / Schlosser 2007. Mittelstand 4.0 2017; Mittelstand 4.0 2016 |
↑24 | Vgl. Sticht 2015: 34–36. |
↑25 | Der Kerndatensatz Forschung beschreibt in standardisierter Form die Forschungsaktivitäten einer Einrichtung und ist aufgeteilt in die folgenden sechs Bereiche: Beschäftigte, Nachwuchsförderung, Drittmittel & Finanzen, Patente & Ausgründungen, Publikationen sowie Forschungsinfrastrukturen. Vgl. WR 2016; iFQ / FIT / WR 2017. |
↑26 | „Forschungsinfrastrukturen im Sinne […] des Kerndatensatz Forschung sind umfangreiche/aufwendige Instrumente, Ressourcen oder Serviceeinrichtungen für die Forschung in allen Wissenschaftsgebieten, die sich durch eine mindestens überregionale Bedeutung für das jeweilige Wissenschaftsgebiet sowie durch eine mittel- bis langfristige Lebensdauer von mindestens fünf Jahren auszeichnen und für eine externe Nutzung zur Verfügung stehen.“ iFQ / FIT / WR 2015: 15. |
↑27 | Vgl. Karapantelakis / Guo 2014: 50–52. |
↑28 | Vgl. Joho 2013. |
↑29 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 82–83; Kofler 2018: 250. |
↑30 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 83–84. |
↑31 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 141–146; 163–167. |
↑32 | Vgl. Welpe / Brosi / Schwarzmüller 2018: 178–201. |